UKE-Wissenschaftler erforschen frühe Weichenstellung für komplexes Lernen

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“: Dieser Spruch scheint auch für die Entwicklung des Gehirns zu gelten. Denn im jungen Gehirn existiert offenbar eine kritische Periode, während der ein Gen aktiviert werden muss, damit komplexes Lernen im Erwachsenenalter überhaupt möglich ist. Das berichten Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) im internationalen Fachmagazin PNAS. Die Befunde haben möglicherweise Auswirkungen auf die Erziehung von Kindern und die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen, denen Entwicklungsstörungen des Gehirns zugrunde liegen.

Nach der Geburt formen sich während einer bestimmten Phase („kritische Periode“) im Gehirn Nervennetzwerke. Sie bilden die Grundlage für die Sinneswahrnehmung im Erwachsenenalter. „Ob solche kritischen Perioden auch für komplexe Verhaltensweisen wie das Lernen existieren, wird seit langem diskutiert“, sagt Prof. Dr. Dietmar Kuhl, Direktor des Instituts für Molekulare und Zelluläre Kognition im Zentrum für Molekulare Neurobiologie (ZMNH) des UKE. „Unsere Studie zeigt erstmals, dass es tatsächlich so ist. Während einer kritischen Periode in der frühen Phase der Hirnentwicklung wird das Gen Arc/Arg3.1 aktiviert. Es ist für die Bildung von Nervennetzwerken verantwortlich, die später komplexes Lernen ermöglichen.“

Früher Weichensteller: Das Gen Arc/Arg3.1 muss aktiviert werden
In einer früheren Studie hatten Prof. Dr. Dietmar Kuhl und sein Team das Gen Arc/Arg3.1 bereits identifiziert. Damals fanden sie heraus, dass es bei Mäusen als „Gedächtnisgen“ bei der Speicherung von Langzeitinformationen eine Rolle spielt: Tiere, bei denen es fehlt, entwickeln einen alzheimerähnlichen Gedächtnisverlust bei ansonsten normaler Gesundheit. „Eine überraschende Entdeckung war aber, dass dieses Gen auch bei jungen Mäusen zu einer Zeit aktiv ist, in der diese noch gar kein Langzeitgedächtnis ausbilden können“, erklärt Dr. Ora Ohana, die das Forschungsprojekt gemeinsam mit Kuhl geleitet hat. „Jetzt konnten wir nachweisen, dass Mäuse, bei denen das Gen Arc/Arg3.1 während der frühen Entwicklung nach der Geburt aktiv war, im Erwachsenenalter schneller und komplexer lernen als Mäuse, denen das Gen in dieser kritischen Entwicklungsphase fehlte.“

Die neuen Erkenntnisse helfen nach Ansicht der Forschenden zu verstehen, wie sich die Beeinflussung der Aktivität des Gens Arc/Arg3.1 durch genetische und umweltbedingte Faktoren – also auch Erfahrungen in der frühen Kindheit – auf die Gedächtnisfähigkeiten im Erwachsenenalter auswirken können. In Zukunft, so die Hoffnung des Teams um Prof. Kuhl und Dr. Ohana, könnten ihre Erkenntnisse dazu beitragen, optimale Voraussetzungen für die Kindesentwicklung zu schaffen oder die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen zu verbessern, denen Störungen in der Hirnentwicklung zugrunde liegen.

Quelle: www.uke.de

Bild: OpenClipart-Vectors/pixabay.com

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