Ältester Medizinpreis Deutschlands verliehen

Drei junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) sind vor Kurzem im Beisein von Staatsrätin Dr. Eva Gümbel, Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, mit dem Dr. Martini-Preis 2020 ausgezeichnet worden. Der erste Preis geht an Dr. Angelique Hölzemer für ihre bedeutsamen Erkenntnisse über die molekularen Strategien des AIDS-Virus (HIV), sich der Immunabwehr des Menschen zu entziehen. Den zweiten Preis teilen sich Dr. Leonie Konczalla, deren Arbeit den Vorteil einer erweiterten Tumordiagnostik bei Patientinnen und Patienten mit Speiseröhrenkrebs zeigt, und Priv.-Doz. Dr. Gabriel Broocks für seine Schlaganfallforschung bei einem schwer zu behandelnden Patientenkollektiv.

„Die drei Arbeiten, die mit dem diesjährigen Dr. Martini-Preis ausgezeichnet werden, liefern wichtige Beiträge zum Verständnis des HI-Virus, der Tumordiagnostik und der Behandlung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten. Die Preisträgerinnen und der Preisträger zeigen damit eindrucksvoll, wie die hervorragende klinische Forschung am UKE Krankheitsverständnis, Diagnostik und Therapie umfassend verbessern kann. Hierfür gebührt ihnen nicht nur die wohlverdiente Gratulation, sondern auch unser Dank für ihren herausragenden Einsatz!“, sagt Dr. Eva Gümbel, Staatsrätin in der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung.

„Wir konnten uns in diesem Jahr über eine besonders hohe Anzahl erstklassiger Bewerbungen freu-en. Die drei ausgezeichneten Arbeiten überzeugten uns in ganz besonderem Maße durch ihre wissenschaftliche Exzellenz und gleichzeitig klinische Relevanz. Dank der fortgesetzten großzügigen Unterstützung der Hamburgischen Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve ist der Preis, der Würde dieses ältesten Medizinpreises Deutschlands entsprechend, wieder mit 10.000 Euro sehr gut dotiert. Wir möchten der Spenderin Frau Eva-Maria Greve ausdrücklich dafür danken“, sagt Prof. Dr. Ansgar W. Lohse, Vorsitzender des Kuratoriums der Dr. Martini-Stiftung und Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE. Die Dotierung von insgesamt 10.000 Euro verteilt sich in diesem Jahr auf einen ersten (4.000 Euro) und einen geteilten zweiten Preis (jeweils 3.000 Euro).

Wie das HI-Virus die Oberfläche seiner Wirtszellen verändert

Das Immunsystem spielt eine zentrale Rolle in der Kontrolle viraler Infektionen. So kommt es nach einer Infektion mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) zu einem fortschreitenden Verlust von T-Zellen und schließlich zum erworbenen Immunschwächesyndrom (AIDS), welches unbehandelt meist tödlich verläuft. Das Virus ist deswegen so gefährlich, weil es viele Strategien entwickelt hat, wie es der menschlichen Immunantwort entkommen kann. Ein zentraler Mechanismus ist, die molekulare Oberfläche der infizierten Zellen so zu verändern, dass diese nicht mehr durch Immunzellen erkannt werden können. Die Arbeit von Dr. Angelique Hölzemer, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, die in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und dem Heinrich-Pette-Institut erstellt wurde, untersucht eine solche Veränderung eines Oberflächenmoleküls, des nicht-klassischen HLA-I-Moleküls (HLA-E), nach einer HIV-1-Infektion. Sie konnte erstmalig zeigen, dass ein Teil der von Patienten isolierten HIV-1-Stämme – im Gegensatz zu häufig eingesetzten laboradaptierten Virusstämmen – das HLA-E tatsächlich herunterregulieren, und konnte den Mechanismus dahinter auf ein bestimmtes Virusprotein zurückführen. Wichtige Akteure des Immunsystems, wie Natürliche Killerzellen, können Änderungen des HLA-E auf der Zelloberfläche wahrnehmen und so infizierte Zellen bekämpfen. Ein besseres Verständnis darüber, wie Natürliche Killerzellen auf die HLA-E-Änderung in der HIV-Infektion reagieren, wird zukünftig helfen, neue immuntherapeutische Ansätze zur Behandlung einer HIV-Infektion zu finden, so hofft die Wissenschaftlerin. Diese Arbeit zeigt auf eindrückliche Weise, dass nur durch die enge Verbindung klinischer Forschung und Grundlagenforschung Krankheitsverständnis verbessert werden kann, da das Phänomen nur durch die aus Patientenproben gewonnenen HIV-Sequenzen, nicht aber in den laboradaptierten Virusstämmen nachzuweisen war.

Einschätzung der Tumorlast bei Speiseröhrenkrebs

Bildgebende Verfahren helfen vor Operationen, die Tumorgröße sowie den Tumorbefall einzelner Lymphknoten einzuschätzen, können aber kleinste Tumoraussaat noch nicht nachweisen. Tumorbiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zahl zirkulierender Tumorzellen (CTC) im Blut sowie im Knochenmark (DTC) eine wichtige zusätzliche Risikoabschätzung zur Metastasierung und dem Fortschreiten von Tumorerkrankungen erlaubt. Die Studie von Dr. Leonie Konczalla, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, die in Kooperation mit dem Institut für Tumorbiologie durchgeführt wurde, analysiert erstmalig bei Patienten, die folglich der Standarddiagnostik als nicht-metastasiert gelten, den präoperativen Status an CTC und DTC. Sie konnte nachweisen, dass bei diesen Patienten ein erhöhtes Risiko für eine Lymphknotenmetastasierung und damit postoperativem Tumorfortschreiten vorliegt. Ergänzend zur Standard-Tumorklassifikation (TNM) ermöglicht die klinische Anwendung der CTC-Bestimmung so vor Operationen eine deutlich verbesserte und realistischere Risikoabschätzung für die Patienten, die auch in zukünftige Therapieentscheidungen einfließen kann.

Hoffnung für akute Schlaganfallpatienten

Unter einer mechanischen Thrombektomie versteht man die operative Entfernung eines Blutgerinnsels (Thrombus) aus einem Blutgefäß. Dieser Eingriff findet auch bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten Anwendung. Meist ausgeschlossen von dieser Therapie sind Patientinnen und Patienten mit einem akuten Schlaganfall, die bereits initial ausgedehnte Infarktanzeichen, also große irreversibel geschädigte Gehirnbereiche, aufweisen – obwohl diese Patienten eine besonders schlechte Prognose haben. Die Studie von Priv.-Doz. Dr. Gabriel Broocks, Klinik und Poliklinik für Neuroradiologische Diagnostik und Intervention, untersuchte erstmalig die Auswirkungen der Thrombektomie bei diesem speziellen Patientenkollektiv. Der Wissenschaftler konnte zeigen, dass die erfolgreiche Thrombusentfernung, also Öffnung des verstopften Gefäßes für die Blutversorgung, auch bei diesen Patienten mit einem verbesserten Therapieergebnis assoziiert ist. Unter anderem verringert sich durch den Eingriff das Hirnödem (Wasseransammlung in den Gehirnzellen) – eine gefürchtete Komplikation nach einem schweren Schlaganfall.

Über die Dr. Martini-Stiftung

Die Dr. Martini-Stiftung wurde 1880 von Freunden und Kollegen des im gleichen Jahr verstorbenen Chirurgen Dr. Erich Martini ins Leben gerufen. Der Dr. Martini-Preis – Deutschlands ältester Medizinpreis – wird seit 2016 von der Hamburgischen Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve dotiert. Die Finanzierung der Dotierung von insgesamt 10.000 Euro pro Jahr wurde von Eva-Maria Greve für weitere fünf Jahre zugesagt, wofür das Kuratorium der Dr. Martini-Stiftung außerordentlich dankt.

Quelle: Pressemitteilung UKE

Bild: Peggy_Marco/pixabay.com

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